Warum UX Design User Research Daten braucht

Nutzende und deren Bedürfnisse stehen im Fokus, unterstützt durch Forschung und UX-Mindset für erfolgreiches Produktdesign.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Beim Entwicklungs- und Gestaltungsprozess von Produkten sollten die Nutzenden immer im Mittelpunkt stehen. Nutzerzentrierte Entwicklung (User Centered Design) oder UX Design sind hier die Schlagworte, bei denen eine Sache oftmals zu kurz kommt: User Research und somit die tatsächliche Einbeziehung echter Nutzender. Es ist wichtig, den gesamten Entwicklungsprozess mit UX-Forschungsmethoden zu begleiten, um die Bedürfnisse der Nutzenden zu erkennen und im Produkt-Design umsetzen zu können.

Der Zusammenhang zwischen Nutzererlebnis und Produkterfolg

Das Ziel eines jeden Unternehmens ist es, erfolgreich zu sein. Das bedeutet, erfolgreiche Produkte, Services oder Dienstleistungen zu erzeugen. Dabei hängt der Erfolg eines Produktes maßgeblich davon ab, wie es bei den Nutzenden ankommt. Ist das Nutzererlebnis positiv, ist das Produkt erfolgreicher. Das Nutzererlebnis, die sogenannte User Experience (UX) fängt dabei schon vor der eigentlichen Nutzung an, nämlich mit den Vorstellungen, die man von einem Produkt hat. Während der Nutzung selbst wird die Effektivität und Effizienz bewertet und nach der Nutzung, wie zufriedenstellend das Ergebnis ist. Das bedeutet, ein erfolgreiches Produkt muss die Anforderungen der Nutzenden von Anfang bis Ende abdecken, um erfolgreich zu sein. Dafür müssen Produktentwickler die Nutzenden gut kennen und das Produkt von Beginn an auf deren Eigenschaften ausrichten. Man muss also Daten über die Nutzer sammeln. Hat man auf Grundlage dessen ein Produkt entwickelt, müssen produktbezogene Daten erhoben werden. Und schlussendlich auch wirtschaftliche Daten, die den Erfolg des Produktes abbilden. All diese Daten liefert research-basiertes UX-Design.

Was ist research-basiertes UX-Design?

Research-basiertes UX-Design bedeutet, ein auf Forschungsmethoden basierendes Produkt-Design zu entwickeln, das die Nutzenden in den Mittelpunkt stellt und deren Anforderungen, Erwartungen und Verhalten miteinbezieht. Das nutzerzentrierte Arbeiten sollte in allen Projektphasen von der Anforderungsanalyse, über die Konzeption bis hin zu allen iterativen Anpassungen stattfinden.

Der menschenzentrierte Gestaltungsprozess

Man muss das Rad nicht neu erfinden, denn es gibt einen etablierten, DIN-zertifizierten Prozess. Der menschenzentrierte Gestaltungsprozess nach DIN EN ISO 9241-210 beruht im Kern auf der systematischen Anwendung von vier Gestaltungs-Aktivitäten: der Analyse des Nutzungskontextes, der Spezifikation von Nutzungsanforderungen, der Konzeption und der Evaluation.

Der Prozess betont die kontinuierliche Einbeziehung der Nutzer und Stakeholder, um sicherzustellen, dass das Endprodukt den Bedürfnissen und Erwartungen der Benutzer*innen gerecht wird. Durch wiederholte Evaluierung und Anpassung kann die Qualität und Benutzerfreundlichkeit eines Produkts oder einer Dienstleistung kontinuierlich verbessert werden (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Der menschzentrierte Gestaltungsprozess (DIN EN ISO-9241-210).

Die Basis: Anforderungsanalyse zu Beginn des Design-Prozesses

Zu Beginn eines jeden Design-Prozesses gilt es, die Anforderungen der Nutzenden kennenzulernen. Dafür kann mit der Nutzungskontextbeschreibung gestartet werden, um Informationen über das soziale und physische Umfeld, die Aufgaben, Ziele und verfügbaren Ressourcen zu erhalten. Dafür eignen sich z. B. Umfragen, Tiefeninterviews oder kontextuelle Interviews. Aus diesen Erkenntnissen können dann Nutzungsanforderungen und Erfordernisse abgeleitet werden.

Lehrreich: Entwicklung und Evaluation von
Lösungsansätzen

Aus den Anforderungen können daraufhin die ersten Lösungen entwickelt werden und bspw. in Prototypen oder Visualisierungen getestet werden. Zum Evaluieren der Lösungsansätze kommen je nach Ziel unterschiedliche Methoden in Frage, z. B. Treetests oder Card Sorting zum Testen der Informationsarchitektur oder Usability Tests, um einen Ablauf zu untersuchen. Im Optimalfall sind danach die Nutzungsanforderungen durch die Gestaltlösungen erfüllt und das Produkt / der Service / die Dienstleistung kann auf die Nutzenden losgelassen werden. Doch damit ist der Gestaltprozess nicht abgeschlossen. Um kontinuierlich nutzerzentriert zu arbeiten und ein Produkt erfolgreich weiterentwickeln zu können, muss der UX-Design-Prozess immer wieder durchlaufen werden.

Die Realität zeigt leider oft, auch wenn Überzeugung und Bereitschaft zum nutzerzentrierten Arbeiten vorhanden ist, kann es sein, dass es aufgrund von Zeitdruck, Überlastung, Unwissenheit oder geringer UX-Reife des Unternehmens schwierig ist, UX-Design zu implementieren.

Lean-UX: Eine effiziente Alternative für nutzerzentriertes Arbeiten

Hier bietet sich Lean-UX an (Abb. 2). Beim Lean-UX werden schnell und effizient in kurzen Entwicklungszyklen Hypothesen aufgestellt und mittels Experimenten validiert. Z. B. können in wöchentlichen Tests mit potenziellen Nutzenden neue Features getestet werden. Dies ermöglicht es, früh Fehler im Produkt zu erkennen, diese auszumerzen und folglich Kosten zu sparen. Im Vergleich zum nutzerzentrierten Gestaltungsprozess ist Lean-UX schlanker, da der Fokus auf dem Machen liegt und nicht auf dem Analysieren der Anforderungen oder schreiben ausführlicher Berichte. Methoden des Lean-UX sind z. B. hypothesenbasierte Personas, User Feedback Days und Online-Fragebögen.

Abb. 2: Das Lean-UX Framework.

Der Return on Investment (ROI) von nutzerorientierter Produktentwicklung

Das erscheint vielleicht zunächst als zusätzliche Arbeit und eventuell herrscht auch Unsicherheit, ob sich dieser Mehraufwand überhaupt lohnt. Dazu hat Dr. Claire-Marie Karat, Researcherin bei IBM folgendes gesagt. „ A rule of thumb is for every one dollar invested in User Experience (UX) research you save $10 in development and $100 in post-release maintenance.” Sie sagt also, für jeden Dollar in UX-Forschung spart man am Ende 10 Dollar bei der Entwicklung und 100 Dollar bei der Wartung nach der Veröffentlichung. Neben dieser Faustregel gibt es noch weitere Kennzahlen, anhand derer man den Erfolg einer UX-Mindset-Implementierung auswerten kann.

Nach Jared Spool zeigt sich nutzerzentriertes Arbeiten in der Steigerung des Ertrags, der Reduktion von Kosten, Steigerung des New Business und des bestehenden Business sowie Steigerung des Shareholder-Values. Dies ist nachvollziehbar, denn hat ein Nutzer bspw. ein negatives Erlebnis mit dem Produkt, wird er das Produkt nicht noch einmal kaufen, negative Mundpropaganda betreiben oder öfter beim Support anfragen. Hat er hingegen ein positives Erlebnis, wird er vielleicht Freunde zum Kauf überreden oder weitere Produkte der Marke kaufen.

Wechselwirkungen zwischen Mensch, Technologie und Wirtschaftlichkeit messen

Um nun nutzerzentriertes Design im Unternehmen zu etablieren und zu koordinieren, können UX-Metriken, Kennzahlen oder auch Key-Performance Indikatoren (KPI) genutzt werden. Diese Kennzahlen versuchen, das herausfordernde Zusammenspiel von Mensch, Technologie und Wirtschaftlichkeit messbar zu machen. (Hinweis: Mehr zum Zusammenspiel dieser drei Faktoren erfahren Sie im Blogartikel „UX, Technik, Business – der Dreiklang für erfolgreiche digitale Innovation“ von Martin Stiller hier auf der Website.)

UX-Metriken zur Messung der Produktqualität

UX-Metriken messen die Produktqualität, den Produktfortschritt und die Usability (Gebrauchstauglichkeit). Dabei geht es darum, dass ein Produkt effektive und effiziente Aufgabenerledigung ermöglicht, die die Nutzenden zufriedenstellt. Zudem können auch Aspekte wie Zugänglichkeit, Barrierefreiheit (Accessibility) oder Interkulturalität bewertet werden. Dazu können z. B. Fragebögen oder im System implementierte Messungen für die Aufgabenerfolgsquote, Bearbeitungsdauer oder Arbeitsbelastung herangezogen werden.

Team- und Reifeentwicklung durch Kennzahlen

Kennzahlen werden zum Nachweis der Team- und Reifeentwicklung eingesetzt. Wie hoch ist bspw. die Anzahl der UX-Professionals in den einzelnen Produktteams? Wie viele Reseacher*innen / Konzepter*innen / Designer*innen gibt es? Wie viele Personen sind in den Design-Prozess involviert? Zusätzlich können auch Anzahl und Art der durchgeführten Methoden und Aktivitäten betrachtet werden.

Business-KPI ermitteln den wirtschaftlichen Erfolg

Dabei wird unterteilt in KPI, die sich eher auf Marketing und Vertrieb beziehen (Brand Image, Umsatz, Konversionsrate), und KPI, die sich eher auf die Optimierung von Arbeitsabläufen und Qualität abzielen (Fehlerreduktion, Steigerung von Produktionsstückzahlen, Reduktion von Supportanfragen).

Ein quantitatives Beispiel für den Return on Investment (ROI) von Design ist die Studie von McKinsey & Company (Sheppard et al., McKinsey & Co., 2018), die den McKinsey Design Index beschreibt. Sie fanden heraus, dass Unternehmen, die im obersten Quartil des Indexes lagen, über einen Zeitraum von 5 Jahren eine Steigerung der Gesamtrendite um 21% zeigten, wenn der Ertrag des Unternehmens in dieser Zeit um 10% stieg. Im Vergleich stieg die Gesamtrendite des Branchen-Benchmarks nur um 12-16%. Es wird also deutlich: Investitionen in UX-Design lohnen sich. Für die Nutzenden und das Unternehmen.

Wie implementiert man UX-Design?

UX-Design ist nicht nur eine methodische Vorgehensweise, es ist ein ganzes Mindset. Um nutzerzentriert arbeiten zu können muss auf Produkt-, Team- und Managementebene eine menschzentrierte Strategie umgesetzt und gelebt werden. Es gibt viele Möglichkeiten ein UX-Mindset zu etablieren, ob über das Einstellen von oder Zusammenarbeit mit UX-Professionals, Weiterbildung von Mitarbeitern oder das Ausprobieren von UX-Strategien wie bspw. Lean-UX.

Für das Einführen und Umsetzen von Metriken sollte man sich zunächst auf wenige Metriken konzentrieren, um den Überblick zu behalten. Diese Metriken können dann über die Zeit miteinander oder mit anderen Produkten, Wettbewerbern oder Aufgaben verglichen werden. Zudem helfen aktives Erwartungsmanagement und Verständnishilfen, dass die Kennzahlen von Stakeholdern verstanden und eingeordnet werden können.

Generell gilt, dass research-basiertes UX-Design ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, sich aber definitiv lohnt.

Und wenn Sie ein UX-Mindset erfolgreich etabliert haben und nutzerzentriert Arbeiten, dann zeigen Sie diesen USP der Welt und lassen sich mit dem UIG-Siegel zertifizieren. Mehr Informationen dazu finden Sie hier auf der Website.

Quelle:

Sheppard, B., Kouyoumijan, G., Sarrazin, H. & Dore, F. (2018). The Business Value of Design.  McKinsey & Company. https://www.mckinsey.de/publikationen/2018-10-design-studie